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Lebensmittelallergien – was passiert, warum und wie werd ich sie wieder los? – Interview mit Dr. Yvonne Braun

Dr. Yvonne Braun ist selbstständige Ernährungsberaterin mit Schwerpunkt Nahrungsmittelallergien und Unverträglichkeiten und klärt im Interview auf, was Lebensmittelallergien sind, wie sie entstehen, was Kreuzallergien sind, wie man herausfinden kann, ob man eine Allergie hat und ob man sie heilen kann u.v.m. Ursprünglich war sie in der Allergieforschung tätig. Vor 5 Jahren hat sie sich selbstständig gemacht, da sie gemerkt hat, dass es in diesem Bereich wenig fundierte Auskunft gibt und sehr viele Menschen davon betroffen sind und viele Fragen haben und ihre Tochter selbst eine Nussallergie hat. 

Das Interview könnt ihr ebenso auf
unserem IGTV-Kanal schauen oder als Podcast hören.

Was sind Lebensmittelallergien?
Dr.. Yvonne Braun: “Bei einer Lebensmittelallergie schießt das Immunsystem über, d.h. es erkennt ein normales und ungefährliches Lebensmittel als fremd an und reagiert darauf unterschiedlich, von leichtem Halskratzen bis hin zu einer anaphylaktischen (=überempfindlichen) Reaktion.”

Was ist der Unterschied zwischen Allergie und Sensitivität?
Dr.. Yvonne Braun: “Eine Allergie ist eine Reaktion nach dem Verzehr eines Lebensmittels PLUS spezifischem IgE gegen dieses Lebensmittel, dieser ist im Blut messbar. IgE sind Antikörper und Bestandteil der körpereigenen Abwehr. Dieser spielt eine zentrale Rolle bei der Allergie. 
Sensibilität in Bezug auf Allergien, bedeutete dass der IgE gegen das Lebensmittel messbar ist, jedoch der Verzehr nicht mit einer Reaktion verbunden ist. D..h das Lebensmittel darf weitere gegessen werden, es liegt keine Allergie vor. Der Begriff Sensitivität wird am ehesten in Bezug auf Intoleranzen verwendet. Das heißt, ein Nahrungsbestandteil, wie z.B. Fruktose oder Laktose wird nicht gut vertragen..”

Warum reagiert der Körper allergisch bzw. wie entstehen Allergien?
Dr.. Yvonne Braun: “Hierbei müssen unterschiedliche Faktoren beachtet werden, vor allem die Genetik. Der Körper tendiert dazu, auf etwas harmloses mit Gefahren zu reagieren. Des Weiteren spielen Faktoren wie Epigenetik, Rauchen, Ernährung, Hygiene, Luftschadstoffe, u.v.m. eine wichtige Rolle. Es müssen aber unterschiedliche Faktoren miteinander wirken, damit eine Allergie entsteht.”

Ab wann ist Hygiene zu viel des Guten?
Dr.. Yvonne Braun: “Wenn man z.B. anfängt, seine Kinder nach jedem Spielplatzbesuch richtig zu desinfizieren, mehrmals die Woche das Haus sehr ordentlich reinigt usw. Wenn Kinder gut aufwachsen und auch mal im Dreck spielen dürfen, ist deren Immunsystem deutlich besser trainiert, damit Allergien gar nicht erst entstehen.”

Was denkst du persönlich über die aktuelle Lage, desinfizieren die Leute zu viel?
Dr.. Yvonne Braun: “Man muss auf das Desinfektionsmittel schauen, denn auf vielen steht: Tötet 99,9% der Bakterien ab.  Das Coronavirus ist aber ein Virus und kein Bakterium. Normales, ordentliches Händewaschen reicht auch aus.”

Kann man Lebensmittelallergien leicht herausfinden?
Dr.. Yvonne Braun: “Es gibt unterschiedliche Reaktionen. Bei einer Sofortallergie reagiert der Körper innerhalb von zwei Stunden und es gibt Spätreaktionen. Deshalb benötigt man als Erwachsener ein sehr gutes Körpergefühl und Durchhaltevermögen, um eine Allergie herausfinden zu können. Ich empfehle jedoch nicht zum Arzt zu gehen und einen Allergietest zu machen, wenn es einem nicht gut geht, weil IgE -Tests teuer und sind von den Fachgesellschaften nicht anerkannt werden. Man braucht erstmal einen Hinweis, auf welche Lebensmittel man allergisch reagieren könnte. Diese kann man beim Arzt testen lassen. Entweder wird festgestellt, dass man spezielle IgEs gegen das Lebensmittel hat oder nicht. Dann muss man das Lebensmittel weglassen. Wenn es einem dadurch wieder gut geht, muss man es langsam wieder einführen und so nochmal eine Gegenprobe machen, ob es tatsächlich an dem Lebensmittel lag, sofern es sich nicht um eine starke Allergie (z.B. Nussallergie) handelt. Wenn man z.B. eine Birkenpollenallergie hat und es leicht im Hals kratzt, lässt man erstmal die birkenpollenrelevanten Nahrungsmittel weg und führt diese dann wieder ein. Wenn es dann wieder im Hals kratzt, müssen diese gestrichen werden. Das nennt man dann eine Kreuzallergie. Bei Nussallergien ist es meisten so, dass man die Nuss isst und sofort und so stark reagiert, dass man gleich erkennt, dass es an der Nuss lag.”

Haben starke Allergien, wie z.B. eine Nussallergie einen Sonderstatus?
Dr.. Yvonne Braun: “Es gibt viele Lebensmittelallergien mit schweren Reaktionen, vor allem Erdnuss, Cashew, Meeresfrüchte & Fisch. Aber es spielen auch immer bestimmte Verstärkerfaktoren eine Rolle.”

Wenn ich nun eine leichtere Lebensmittelallergie habe und das Lebensmittel versuche langsam wieder einzuführen, würdest du mir das empfehlen?
Dr.. Yvonne Braun: “Nein, wenn du wirklich eine Allergie dagegen hast, würde ich dir raten, es wegzulassen. Man kann eine Desensibilisierung machen. Jedoch macht man das nicht, indem man das Lebensmittel isst und die Symptome in Kauf nimmt, sondern indem man die ursprüngliche Allergie bekämpft. Zum Beispiel macht man eine Desensibilisierung gegen Birkenpollen. Dann werden die Symptome der Lebensmittelallergien auch besser, die mit den Birkenpollen assoziiert sind.”

Wie viele Kreuzallergien gibt es? Wo bekommt man Auskunft darüber?
Dr.. Yvonne Braun: “Meiner Meinung nach sollte man sich nicht so sehr damit befassen, da ich aus der Beratungspraxis weiß, dass dann zu viele Lebensmittel weggelassen werden aus Angst, dass Kreuzallergien entstehen könnten. Jeder Allergieauslöser bzw. jedes Allergen hat sein Kreuzallergen. Das liegt zum einen daran, dass Allergene ähnliche Strukturen haben, d.h. das IgE erkennt die Struktur des Allergens und des Kreuzallergens und reagiert darauf oder die Aminosäuresequenz wird erkannt. Ich empfehle es wirklich nur, wenn man Symptome hat. Im Internet findet man viele Hinweise. Man kann sich aber auch beraten lassen, da Beratungen bei Allergien und Unverträglichkeiten von Krankenkassen oft bezuschusst werden.”

An welche Ansprechpartner kann man sich wenden?
Dr.. Yvonne Braun: “Es gibt eine sehr große Patientenorganisation, der deutsche Allergie- und Asthmabund e.V. Auf der Homepage kann man seinen Wohnort eingeben und bekommt gleich zertifizierte Ernährungsberater in der Umgebung vorgeschlagen. Des Weiteren gibt es das Anaphylaxie Netzwerk (NAN) e.V., das betrifft aber nur schwere Nussallergiker.”

Wie kann ich vermeiden, dass Allergien im Laufe des Lebens bei meinem Kind oder bei mir entstehen oder schlimmer werden?
Dr.. Yvonne Braun: “Als Erwachsener kann man es durch einen gesunden Lebensstil verhindern. Dazu gehört gesunde Ernährung, Bewegung, Entspannung, wenig Stress, viel Schlaf, etc. Wenn man als Mutter von einer Allergie betroffen ist, kann man schon während der Schwangerschaft bei seinem Kind Allergien vorzubeugen, indem man sich gesund ernährt. Ebenfalls sollte man nichts aus Angst meiden, weil man denkt, das Kind könnte schon im Bauch reagieren. Diese Annahme ist falsch. Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte man bunt essen und wenn das Kind keinerlei Anzeichen auf eine Allergie hat, sollte man ganz normal die Beikost einführen, die von den Ernährungsgesellschaften empfohlen wird.”

Wie ist es, wenn ich als Mutter eine Allergie habe und ein bestimmtes Lebensmittel nicht konsumieren kann und Angst habe, dass mein Kind diese Allergie auch bekommt?
Dr.. Yvonne Braun: “Ich vererbe als Mutter nicht die Allergie an mein Kind, die ich habe, sondern nur die Veranlagung zur Allergie. Ob es dann eine Nussallergie, Birkenpollenallergie, Hühnereiallergie, etc. bekommt, steht von Anfang an nicht fest.”

Können Allergien geheilt werden? 
Dr.. Yvonne Braun: “Es gibt sehr viele Ansätze zum Heilen von Allergien. Bei den Pollenallergien gibt es z.B. die Desensibilisierung, d.h. wenn man sich gegen Birkenpollen desensibilisieren lässt, kann die Nahrungsmittelallergie deutlich besser werden.”

Wie sieht eine Desensibilisierung aus?
Dr.. Yvonne Braun: “Entweder bekommt man Spritzen oder Tabletten.”

Was hältst du von Alternativen/Heilmethoden?
Dr.. Yvonne Braun: “Akupunktur oder Homöopathie helfen bei bestimmten Allergien sehr gut, die Symptome zu lindern. Bei anderen Heilversprechen gibt es keine Studien, lediglich Einzelfälle, bei denen es geholfen hat. Ich empfehle jedoch niemandem, bei schweren Allergien einfach etwas auszuprobieren, weil die Folge davon sein kann, dass man mit einer schweren Allergie im Krankenhaus liegt, wenn das Heilverfahren nicht hilft. Bei Unverträglichkeiten/Sensitivitäten wissen wir, dass viele Faktoren, wie Ernährung, Bewegung, Stress, und vor allem die Psyche eine wichtige Rolle spielen. Wenn ein Heilverfahren plausibel klingt und es dem Körper in keiner Weise schaden kann, kann man es schon ausprobieren. Dabei rate ich aber, sich bei Stellen zu informieren, ob das Heilverfahren relativ gut erforscht ist.”

Was sind deine 3 Tipps bei Lebensmittelallergien?

Kenne deinen Feind genau.
Was genau löst die Reaktionen aus?
Wie reagiert man und wie kann man sich helfen?

Sich Hilfe holen, wenn man es nicht in den Griff bekommt.​

Man darf alles außer den Allergieauslöser essen
und sollte daher die richtige Einstellung
zur Lebensqualität entwickeln.
Man sollte es sehr positiv sehen und
den Fokus auf die Alternativen richten.

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