Das EU-Projekt “Health claims unpacked”
Viele Lebensmittel versprechen eine Extraportion Gesundheit. Seit 2012 darf jedoch nur noch mit Gesundheitsslogans geworben werden, die von der EU erlaubt sind. Deshalb gibt es sogenannte „Health Claims“. Das sind nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben zu Lebensmitteln, wie z.B. „Für starke Knochen“, „Stärkt die Abwehrkräfte“ oder „Fördert die Leistungsfähigkeit“.
Man findet solche Angaben mittlerweile immer häufiger auf Lebensmitteln,
doch was ist eigentlich erlaubt und was nicht?
Das wird durch die Health Claims- Verordnung geregelt, in der Lebensmittelhersteller nur noch nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel verwenden dürfen, wenn sie auf einer Positivliste der EU aufgeführt sind und gleichzeitig das Produkt einem vorgegebenen Nährwertprofil entspricht. Somit gilt, dass alles was nicht erlaubt, verboten ist. Angaben müssen wissenschaftlich fundiert und für den Verbraucher verständlich formuliert sein.
Hier stellt sich eine Problematik heraus – ein sogenannter gesunder Deckmantel – auf den ihr vielleicht sogar auch mal reingefallen seid: Hersteller mischen nun Vitamine zu ihren Produkten, um so mit dem gesundheitlichen Mehrwert – mit dem von Vitamin C z.B. – zu werben. Der Verbraucher empfindet dieses Produkt dann logischerweise als vermeintlich gesund.
Bekannte Produkte sind hier z.B. Gummibärchen, die einem gesundheitlichen Mehrwert für Haut, Haare und Nägel vorgaukeln oder auch Vitamin zugesetzte Bonbons, die lediglich wahre Zuckerbomben sind in vermeintlich gesunder Tarnung. Obwohl der Vitaminzusatz natürlich nichts bedenkliches ist, ist es doch der gezielte Einsatz dieser, um vom eigentlichen – wie z.B., dass das Gummibärchen aus Zucker und E-Stoffen besteht – massiv ablenkt. Obwohl es offizielle Formulierungsmöglichkeiten für gesundheitsbezogene Angaben gibt, ist das Gesetz nicht ganz definiert, inwieweit die Formulierung geändert werden kann. Das bedeutet, dass ein und dieselbe Angabe manchmal sehr unterschiedlich formuliert sein kann. Das Gesetz erlaubt es also Herstellern, gesundheitsbezogene Angaben zu ändern, solange die Bedeutung für den Verbraucher gleichbleibt.Zugelassen hat die EU überwiegend Werbung für Vitamine und Mineralstoffe. Hersteller, die bestimmte Mindestmengen zusetzen, dürfen zum Beispiel damit werben, dass Vitamin C zur normalen Funktion des Immunsystems beiträgt oder Calcium für die Erhaltung normaler Knochen benötigt wird. Das gilt für alle Arten von Lebensmitteln, also auch für Nahrungsergänzungsmittel. Sie dürfen zum Beispiel auch sagen, dass der Zusatz bestimmter Fettsäuren zur normalen Sehkraft, Herzfunktion und Gehirnfunktion beitragen oder dass Walnüsse die Elastizität der Blutgefäße verbessern können und Wasser die normale Körpertemperatur reguliert. Nicht erlaubt sind zum Beispiel Aussagen, wie „Cranberry zur Förderung der Blasengesundheit“ oder „Probiotische Joghurts wirken sich positiv auf das Immunsystem aus.“ Andere Hersteller nutzen die Positivliste wiederum als eine Art Alibifunktion. Wenn für ihre Produkte der beantragte Claim abgelehnt wurde, werden weitere Stoffe hinzugefügt, für die der gewünschte Werbeslogan erlaubt ist. Zum Beispiel wird ein Joghurt mit „probiotischen“ Bakterien mit Vitamin C zugesetzt (gleiche Problematik wie wie mit den oben genannten Gummibärchen), damit man damit auf das Immunsystem hinweisen darf. Die meisten Angaben beziehen sich jedoch auf Nährstoffe, mit denen wir in der Regel ausreichend versorgt sind. Durch die Claims werden Verbraucher also unnötig verunsichert und verstehen und vertrauen oft nicht auf gesundheitsbezogene Angaben auf Lebensmitteln und können daher keine persönlichen Entscheidungen treffen.
Deshalb wurde das EU-Projekt „health claims unpacked“ ins Leben gerufen. Und ihr könnt hierbei maßgeblich mitwirken! Das Projekt will innerhalb der Regeln die Formulierungen sprachlich verbessern und die Angaben sollen „aus dem wissenschaftlichen Jargon gepackt werden“ (daher auch health claims unpacked). Verbraucher – das könnt ihr sein! – werden explizit befragt wie sie die Angaben auf den Lebensmittelverpackungen verstehen und beurteilen. Wer sich schon mal mit internationalem Marketing beschäftigt hat oder eventuell eine Google-Übersetzung 1:1 verwendet hat, der weiß, dass es nicht ganz so leicht ist. Hinzukommt das Verständnis der Sprache, das ist auch unterschiedlich. Am Ende, wenn die Umfrage ausgewertet wird, wird ein datenbasiertes “Tool-Kit” gebaut, das Herstellern helfen soll, verständlich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu kommunizieren. Dies wird auf der Grundlage von Forschungsergebnissen aus den Bereichen Linguistik, Informationsdesign, Ernährungswissenschaft und Verhaltensökonomie entwickelt. Die Vorschriften richten sich nämlich mehr nach dem Wahrheitswert der Angaben, als darauf, ob die Verbraucher sie leicht verstehen können oder nicht. Den Herstellern fehlen möglicherweise auch Informationen darüber, wie die Menschen die unterschiedlichen sprachlichen und grafischen Elemente auf Verpackungen interpretieren und auf sie reagieren. Durch diese Umfrage werden Verbraucher effektiver über die gesundheitlichen Vorteile von Lebensmitteln aufgeklärt und hilft den Verbrauchern dabei, gezielte Entscheidungen zu treffen.
…Wie wir diesem Schwindel ein Ende setzen!
Seid dabei & helft mit!
Die Umfrage ist wie ein kleines Spiel aufgebaut sowie sehr anschaulich und kreativ dargestellt. Auf https://www.unpackinghealthclaims.eu könnt ihr euch jetzt einfach kostenlos & anonym registrieren und erfahrt, wie verschiede Nährstoffe dazu beitragen können, die Gesundheit zu erhalten. Natürlich auch wie ihr erkennen könnt, wann ein Produkt eine Angabe über die Gesundheit macht und wie Angaben neu formuliert werden können. Ihr macht einen kleinen virtuellen Einkaufsbummel und gestaltet ein eigenes Lebensmittelpaket. Die komplett anonyme Umfrage dauert ca. 10-15 Minuten und ihr tragt damit zur Verbesserung der Health Claims bei! Damit es endlich bald heißt „Schluss mit dem Gesundheitsschwindel“!
Das Forschungsprojekt „Health Claims Unpacked“ wird von EIT Food finanziert, der Innovationsgemeinschaft für Lebensmittel des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT) und läuft bis zum 30.12.20!
Quellenangaben:
https://www.unpackinghealthclaims.eu/
https://www.healthclaimsunpacked.de/
https://www.lebensmittelverband.de/de/lebensmittel/werbung/health-claims
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/kennzeichnung-und-inhaltsstoffe/lebensmittel-mit-gesundheitsversprechen-11035
https://www.bfr.bund.de/de/health_claims-9196.html